Küstrin und Friedrich II.

Neben Potsdam ist wohl keine Stadt mit dem Namen Friedrichs II. so verbunden wie Küstrin. Beherbte die Stadt den späteren König zu einer Zeit, in der er noch nicht der Alte Fritz und schon gar nicht der Große genannt wurde.
Friedrich, ältester männlicher Überlebener von insgesamt 14 Kindern, erfuhr seit seinem 6. Lebensjahr eine strenge, stark religös geprägte Erziehung, die den Tagesablauf des Prinzen pedantisch regelte. 1728 begann Friedrich mit dem Flötenunterricht, wodurch sich die Konflikte mit seinem Vater zuspitzten, was durch Friedrichs Frontalopposition noch forciert wurde. Friedrich freundete sich 1729 mit dem ebenfalls Flöte spielenden Leutnant Hans Herrmann von Katte an, der von Friedrich wegen seiner Weltgewandheit bewundert wurde.

Um sich der Erziehungsgewalt seines Vaters zu entziehen, versuchte Friedrich am 5. August 1730 aus seinem Reisequartier in Steinsfurt nach England zu fliehen. Die Flucht scheiterte. Katte, durch einen kompromitierenden Brief als Mitwisser überführt, wurde verhaftet und zu lebenslanger Festungshaft verurteilt. Doch wütend kritisiert König Friedrich-Wilhelm das Urteil. Als der zweite Richterspruch unverändert ausfällt, ändert der König das Urteil in die Todesstrafe für Katte um und akzeptiert die Nichtzuständigkeit des Gerichts zu Friedrich, wohl auch aus politischen Gründen, da sich bereits Kaiser Karl VI. als auch Prinz Eugen für den Prinzen verwandt hatten. Katte und Friedrich werden am 4. Spetember 1730 in die Festung Küstrin gebracht. Friedrich erhält im Küstriner Schloß zwei Zimmer im ersten Stock, die sehr spärlich eingerichten sind, Katte wird in die Arrestzelle im Zorndorfer Tor eingesperrt. Da der König einen weiteren Fluchtversuch fürchtete, wurden nicht nur die Wachen im Schloß verstärkt, sondern auch der Fremdenverkehr in der Stadt stärker kontrolliert. Die wachhabenen Offiziere wurden mit der Versorgung des Prinzen betraut, jegliche Unterhaltung mit dem Gefangenen war verboten. Es fand sich jedoch Gelegenheiten, die strenge Verwahrung zu umgehen. Der französisch sprechende achtjährige Sohn des Kammerpräsidenten von Münchnow wurde von den Wachen zum Prinzen gelassen und schmuggelte kleine Dinge zum Prinzen, die ihm das Leben als Gefangener erträglicher machten. Später als König sollte sich Friedrich für diese Gefälligkeiten noch erkenntlich zeigen. Am 6.November 1730 wurde Friedrich durch den Festungskommandanten mitgeteilt, daß er der in wenigen Stunden erfolgenden Hinrichtung Kattes auf Befehl des Königs von seinem Fenster aus zu zusehen habe.

Friedrich verabschiedet sich auf französich von seinem Freund Katte

Ob Friedrich die Hinrichtung tatsächlich sehen und mit Katte einen Wortwechsel führen konnte, ist jedoch Gegenstand später entstandener Geschichten. Der Ablauf der Hinrichtung wurde nicht dokumentiert und es existieren mehrere Darstellungen. Friedrich soll nach dem letzten Wortwechsel mit Katte in Ohmacht gefallen und die eigentliche Hinrichtung nicht miterlebt haben. Auch ist der eigentliche Ort der Hinrichtung strittig. Nach Zeitzeugen fand ein Aufzug von 200 Soldaten statt, wobei die Küstriner Bürger von der Hinrichtung ausgeschlossen wurden. Der Dichter Fontane widmet dem Drama Kattes ein Kapitel in seinen "Wanderungen durch die Mark Brandenburg". Er neigt zu der Ansicht, daß die Hinrichtung auf der Bastion Brandenburg erfolgen mußte, da sie ausreichend Platz für den Wachaufzug gehabt hätte. Katte wurde am Nachmittag auf dem Hospitalfriedhof in der kurzen Vorstadt von 12 Küstriner Bürger begraben, bis der Familie von Katte zugestanden wurde, den Leichman in die Familiengruft auf dem Rittergut zu Wust bei Jerichow zu überführen.
Auf der Bastion Brandenburg wurde an der mutmaßlichen Stelle zur Eröffnung der Katte-Promenade ein Denkmal aufgestellt, dessen Fundamentreste noch sichtbar sind. Heute erinnert eine Gedenkplatte am Fischertor an der Bastion Brandenburg an Kattes Hinrichtung.

Fontanes Skizze über den mutmaßlichen Ablauf der Hinrichtung Kattes

Friedrich in der Domänenkammer

Friedrich schwört am 19. November 1730 vor einem Sonderausschuß dem König unbedingten Gehorsam. Friedrich erhält damit seinen Degen zurück und darf wieder den Schwarzen-Adler-Orden tragen. Die strenge Einzelhaft im Schloß wird nun gelockert. Unter der Aufsicht des Hofmarschalls von Wolden bezieht Friedrich nun ein Haus mit Dienerschaft in der Nähe des Walls. Vom König erhält von Wolden ausführlich und strenge Instruktionen über den Tagesablauf Friedrichs. Der Prinz muß nun in der Küstriner Kriegs- und Domänenkammer die wirtschafltichen Grundlagen des Staatswesen erlernen und dem König Arbeitsberichte zusenden.

Die praktischen Schulungen in Küstrin waren die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg seiner Regierungsjahre. Als am 15. August 1731 König Friedrich-Wilhelm auf der Durchreise nach Sonnenburg in Küstrin eintrifft, wirft sich Friedrich ihm vor die Füße und bittet seinem Vater um Verzeihung. Daraufhin erhält Friedrich die Erlaubnis die Festung nachmittags zu verlassen und auch die Domänen in der Umgebung zu besichtigen.

Im nahegelegenen Tamseler Schloß, besonders in der Gesellschaft der feinsinnigen Hausherrin Eleonore von Wreech, die von Friedrich angehimmelt wurde, erlangte der Prinz seine frühere Heiterkeit wieder. Friedrich schrieb Verse und Frau von Wreech mühte sich gleichwohl in der Dichtung.
"Als mein Gesandter soll mein Bild dich grüßen und des Gesandten Dolmetsch sei dies Lied. Was ich zu sagen Dir bisher vermied. Ich sag es nun: Ich liege Dir zu Füßen...". Ob Friedrichs Beziehung zu der fünf Jahre älteren Eleonore rein platonischer Natur war, sei dahingestellt, aus der überlieferten Korresponsdenz geht nichts hervor, was postum dem Ruf der hohen Dame schaden sollte. Dennoch vergaß Friedrich seine Gefährtin aus jenen glücklichen Tagen nicht und unterstützte Frau von Wreech, nachdem das Schloß von russischen Truppen 1758 verwüstet wurde.

Als sich Friedrich bereit erklärte, die von seinem Vater bestimmte Prinzessin Elisabeth von Braunschweig-Bevern zu heiraten, durfte er am 26.Februar 1732 Küstrin verlassen. Das Küstriner Schloß hat Friedrich seitdem nie wieder betreten. Doch der Stadt stattete Friedrich als König mindestens einmal im Jahr einen Besuch ab.

Louise Eleonore von Wreech